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Dr. Sigrid Graumann-Brunt
14. Der Versuch Piagets zur Mengenkonstanz
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© Dr.Sigrid Graumann-Brunt
Der Versuch von Piaget zur Mengenkonstanz ist ein Dauerbrenner. Er diente
ursprünglich der Untermauerung und Veranschaulichung seiner theoretischen Annahmen
über die Entwicklung des Denkens beim Kind.
Er gibt jedoch auch diagnostische Anhaltspunkte zum Stand der Denkentwicklung des
Kindes an die Hand und das auf recht einfache Weise.
Bildquelle: Oerter & Montada (1998, 526)
Einem Kind werden zwei Gefäße mit Flüssigkeiten gezeigt. Die
Gläser sind identisch und die Flüssigkeitsmengen gleich. Vor den Augen
des Kindes wird eine der Flüssigkeitsmengen in ein anders geformtes
(hier dünneres) Gefäß umgeschüttet. Dann wird gefragt,
ob in dem neuen Gefäß mehr, weniger oder gleich viel sei, wie in
dem anderen.
Obwohl die Flüssigkeitsmenge nicht verändert wurde, beurteilen Kinder in
der präoperationalen Phase, abhängig von den Formen der Gefäße,
die umgeschüttete Menge mal mit mehr, mal mit weniger.
Kinder, die sich nicht mehr in dieser Phase befinden, sondern bereits in der
konkret-operationalen Phase, wissen um die Mengenkonstanz. Sie lächeln
bei der Antwort, sind amüsiert.
Aus den Ergebnissen des Versuchs können diagnostisch (vorsichtige!)
Rückschlüsse gezogen werden. Kindern im präoperationalen
Entwicklungsalter steht Logik noch fern, sie fabulieren und das Wunschdenken
ist oft vorherrschend. Die Entwicklung des Zahlbegriffs fällt ihnen schwer.
Das ist deswegen von Bedeutung, weil das Entwicklungsalter und das Lebensalter
nicht immer übereinstimmen, sogar seltener, als gemeinhin angenommen wird.
Zu beobachten ist, dass die Konfrontation mit diesen Fragen den Prozess der
Denkentwicklung befördern kann. Man sieht ein Schwanken, Unsicherheiten
und Blicke, die zeigen, dass die Kinder sich mit dem Vorgang auseinandersetzen.
Dieser Versuch ist auf YouTube sehr anschaulich dargestellt zu finden.
Siehe auch das Heft 10 zu Piaget
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